Mit dem Rahn-Trikot auf Zeitreise
„Es war damals ein besonderes Gemeinschaftserlebnis. Gemeinsam mit 100 Menschen aus der Nachbarschaft habe ich das Endspiel um die Weltmeisterschaft 1954 verfolgt. Es gab damals aber nur zwei Fernseher in unserer Straße. Als kleiner Junge hatte ich das Privileg, vor der ersten Stuhlreihe liegen und somit aus nächster Nähe auf den kleinen Bildschirm gucken zu dürfen.“ Der heute knapp 80-jährige Museumsbesucher ist ganz bewusst an diesem Donnerstag aus Oberhausen nach Dortmund gekommen.
Denn das Deutsche Fußballmuseum freut sich über einen spektakulären Neuzugang. 66 Jahre nach dem legendären „Wunder von Bern“ findet das Original Trikot von Helmut Rahn aus dem WM-Finale von 1954 Eingang in die Ausstellung. Der Stürmer von Rot-Weiss Essen hatte in der dramatischen Begegnung der deutschen Nationalmannschaft gegen die hochfavorisierten Ungarn zwei Tore erzielt, darunter den entscheidenden Treffer zum 3:2 in der 84. Minute. Sein Trikot befand sich zuletzt im Besitz von Enkel Oliver Klaus Rahn, der es nun dem Deutschen Fußballmuseum dauerhaft zur Verfügung stellt.
„Mit Blick auf das Trikot ist die tiefe Verbundenheit mit diesem Ereignis besonders spürbar“, erzählt der Zeitzeuge. „Die Spielernamen sind mir noch sehr präsent. Ich könnte sie alle aufzählen. Das fällt mir bei der aktuellen Mannschaft meines Lieblingsvereins Borussia Mönchengladbach deutlich schwerer.“
Unweit von ihm steht eine Gruppe junger Museumsgäste. Sie sind ebenfalls fasziniert von dem Trikot mit der Rückennummer 12, das so aus ganz anderem Stoff gefertigt ist als die heutigen Jerseys. Und wenn man genau hinschaut, sind auf der weißen Baumwolle auch noch die Spuren des Kampfes zu entdecken. „Damals herrschte „Fritz-Walter-Wetter“, erklärt Museumsdirektor Manuel Neukirchner. „Das bedeutete Dauer-Nieselregen. Der infolgedessen nasse, rutschige und matschige Rasen hat seine braunen Flecken auf dem Trikot hinterlassen.“ Und noch eine Besonderheit: „Das Endspiel-Trikot von Helmut Rahn ist ein echtes Unikat. Heutzutage treten die Mannschaften mit drei-oder vierfach bestückten Trikotsätzen zu den Spielen an. Damals aber konnte nicht so einfach in der Halbzeit das Hemd gewechselt werden, weil eben nur eines vorhanden war.“
Neukirchner geht noch auf die Bedeutung des neuen Exponats für die Ausstellung ein: „Neben dem Ball aus dem Finale von 1954 ist es ein großartiges Highlight in unserer emotionalen Inszenierung rund um das ‚Wunder von Bern‘. Es spiegelt in besonderer Weise ein Stück Zeitgeschichte wider. Der damalige Titelgewinn der deutschen Nationalmannschaft war unter dem Eindruck der entbehrungsreichen Nachkriegsjahre ein Schlüsselimpuls für die junge Bundesrepublik.“
Der Mann, der das damals als 13-Jähriger miterlebte, hat bei diesen Worten Tränen in den Augen.
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