Echter Dialog ist nötig

Das Verhältnis zwischen Vereinen, Verbänden, Polizei und Fans ist häufig durch Konflikte und Spannungen geprägt. Um die Beziehungen zu verbessern sind eine direkte Kommunikation der verschiedenen Gruppen und ein echter Dialog miteinander vonnöten. Zu dieser Erkenntnis kam eine prominent besetzte Podiumsrunde am Donnerstag, 2. Juni, vor 80 Besuchern im Deutschen Fußballmuseum.|Podiumsrunde zur Fankultur

 

#bild#Genau dies wollte erste gemeinsame Veranstaltung des Fußballmuseums und des kicker-Sportmagazins anstoßen: Vertreter der organisierten Fanszene brachten ihre Ängste bzgl. zunehmender Entfremdung der Fans und ihrer Klubs vor. Daniela Wurbs, Sprecherin von Football Supporters Europe, machte deutlich, dass Gesprächsangebote der Vereine häufig nur Fassade seien und Fans immer seltener echte Mitwirkungsmöglichkeiten in ihren Klubs erhalten würden. Michael Gabriel, Leiter der Koordinierungsstelle der Fanprojekte, ergänzte, dass die Polizei in den Stadien teilweise überreagiere, und die Vereine sich dennoch nur in den seltensten Fällen vor ihre eigenen Fans stellen würden.

Hochrangige Offizielle aus DFB und DFL stellten sich dieser Kritik und gaben Einblick in ihre Aktivitäten, um den Wünschen der Fan-Basis zu entsprechen. So stellte DFL-Direktor Ansgar Schwenken perspektivische Überlegungen der Liga zur Schaffung eines Fanparlamentes vor, das mit gewählten Vertretern aus allen Profivereinen bestückt sein soll.

#bild#Zugleich wies der ehemalige Finanzvorstand des VfL Bochum 1848 die pauschale Kritik an zunehmender Kommerzialisierung der Bundesliga scharf zurück. So hätte die DFL bei der Gestaltung des neuen Spielplan-Modells ab der Saison 2017/18 nach intensiver Zusammenarbeit mit Fanvertretern effektiv eine Verbesserung der Anstoßzeiten aus Fan-Sicht erreicht. Die viel diskutierten fünf Montagsspiele in der 1. Liga würden in der 2. Liga entsprechend reduziert und in der 2. Liga überdies auf Fan-Wunsch ein Freitagspiel auf den Samstag verlegt. All dies sei nur auf ausdrücklichen Wunsch der Anhänger umgesetzt worden.

Fanforscher Prof. Gunter Pilz stellte fest, dass die Fußballfans in den letzten Jahren viel mündiger und selbstbewusster geworden seien. Sie würden deutlich mehr Druck auf Vereine wie Verbände ausüben, so Pilz, der als emeritierter Professor weiterhin am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover engagiert ist. Gleichzeitig kritisierte er, dass Verbesserungen meist nur auf der Sicherheitsebene angedacht und umgesetzt würden, in Richtung der Fans werde allerdings nicht ausreichend gedacht.

#bild#DFB-Sicherheitschef Hendrik Große Lefert gab persönliche Einblicke in das Sicherheitskonzept des Verbandes zum DFB-Pokalfinale 2016. Der DFB habe größte Anstrengungen unternommen, um Fans die Mitnahme möglichst aller Utensilien zu ermöglichen. Umso enttäuschter war Große Lefert, dass die BVB-Anhänger anschließend zahlreiche Pyrofackeln abgebrannt hätten. Er stellte die Frage in den Raum, welche Reaktion von Verbandsseite auf solch ein Vorgehen wohl angemessen sei. Er wisse darauf bislang auch keine sichere Antwort und ermunterte Publikum, darüber selbst nachzudenken.

Solche Einblicke und Perspektivwechsel trugen dazu bei, gegenseitiges Verständnis für die Sichtweise der anderen Gruppierung an diesem Abend punktuell zu schärfen. Inwieweit diese offene Gesprächskultur in tägliche Arbeit umgesetzt werden kann, wird die Zukunft zeigen.

Das Deutsche Fußballmuseum und das kicker-Sportmagazin, für die an diesem Abend Chefredakteur Jörg Jakob moderierte, freuen sich über einen gelungenen Auftakt der gemeinsamen Reihe im Rahmen des ANSTOSS-Programmes. Sie wird mit weiteren Veranstaltungen rund um die Fußballkultur nach der Sommerpause fortgesetzt.

Die nächsten Veranstaltungen von ANSTOSS.

Bilder von der Podiumsrunde.

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