Antisemitismus im Alltag – der »21-Talk« rief zum Hinsehen und Handeln auf
Dialogveranstaltung im Deutschen Fußballmuseum präsentierte wirkungsvolle Dortmunder Ansätze gegen Hass und Diskriminierung
Anfeindungen, Ausgrenzungen oder gar körperliche Gewalt – auch für Dortmunder Jüdinnen und Juden gehört Antisemitismus verstärkt zum Alltag. Auf der Straße ebenso wie auf Fußballplätzen. Was man als Gesellschaft dagegen tun kann, war am 18. November Thema der Dialogveranstaltung »Die 4. Halbzeit – Der 21-Talk im Fußballmuseum«, einer gemeinsamen Reihe der kommunalen 21-Unternehmensgruppe und des Deutschen Fußballmuseums.
Unter dem Titel »Sport und Antisemitismus« diskutierten Sarah Poewe, ehemalige Weltklasse-Schwimmerin, Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Wochenzeitung »Jüdische Allgemeine« sowie Micha Neumann, Leiter der Dortmunder Antidiskriminierungsberatung ADIRA. Durch den Abend führte Fernsehmoderator Gregor Schnittker.
Persönliche Erlebnisse: Wenn Religionsausübung zur Gefahr wird
Dass Maßnahmen gegen Antisemitismus im Alltag dringend geboten sind, brachten die persönlichen Erlebnisse der Talkgäste auf den Punkt: „Ich wurde selbst mehrfach bedroht und würde nicht mit sichtbaren jüdischen Symbolen auf die Straße gehen“, schilderte Olympiamedaillen-Gewinnerin Sarah Poewe und knüpfte die Frage an: „Wie erkläre ich meiner Tochter, dass sie vorsichtig sein muss mit ihrer Religion?“. Engel fasste zusammen, dass das Recht auf ungestörte Religionsausübung leider nur auf dem Papier bestehe. 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung wiesen antisemitische Einstellungen auf. Dass digitale Kanäle dies verstärkten, ist die Beobachtung von Micha Neumann: „Gerade Social Media ist ein Beschleuniger für Antisemitismus“.
Lokale Ansätze: Bildung und Begegnung als Schlüssel
Wie ein respektvolles gesellschaftliches Miteinander gelingen kann, und dass es in Dortmund eine Reihe guter Ansätze gibt, wurde im weiteren Verlauf des Abends herausgearbeitet. Der Bogen spannte sich von einer israelisch-deutschen Schulpartnerschaft der Gesamtschule Scharnhorst über die Workshops des Vereins Zweitzeugen e.V. über die so genannte »Erinnerungsbahn« von DSW21 bis zur geplanten Renaissance einer jüdischen Grundschule in Dortmund-Körne, welche auch für Kinder anderer Glaubensrichtungen offen sein soll.
Von Dortmund nach Auschwitz: Ein wachsendes Bildungsprogramm
Auf positive Reaktionen bei den rund 100 Teilnehmenden der Veranstaltung stieß auch das Programm »Von Dortmund nach Auschwitz«. Zunächst auf die Auszubildenden von DSW21, DEW21, DONETZ und EDG zugeschnitten, hat DSW21 das mehrtägige Bildungsangebot nun für die gesamte Belegschaft geöffnet.
„Begegnung ist ein zentraler Strategiebaustein, um gegen Antisemitismus etwas ausrichten zu können und der Sport bietet hier viele Anknüpfungspunkte“, fasste Philipp Peymann Engel am Ende des Abends zusammen. Und Sarah Poewe ergänzte: „Es war ein gutes Gefühl, die Angst mit anderen zu teilen“. Die vielen nachdenklichen Stimmen des »21-Talks« machten deutlich: Bis jüdisches Leben ohne Diskriminierung stattfinden kann, ja zur Normalität gehört, gibt es viel zu tun. Auch in Dortmund.