Ludwig Löwenstein, 1897 in Offenbach geboren, gehörte der jüdischen Gemeinde an.
Jahrelang war der Eigentümer eines Unternehmens für Lederhandel im Vorstand der Offenbacher Kickers tätig. Das änderte sich 1933 abrupt.
Die gleichgeschaltete "Offenbacher Zeitung" meldete am 22. April 1933 : „Die Vorstandsmitglieder des FC Offenbacher Kickers Löwenstein und Feibuschewitz, die erst vor zwei Wochen zum zweiten Vorsitzenden bezw. Pressewart gewählt worden waren, haben ihre Ämter zur Verfügung gestellt.“
Dass die Wortwahl "zur Verfügung gestellt" nicht den Druck, der tatsächlich ausgeübt wurde, wiedergibt, ist naheliegend. Andererseits waren die beiden offensichtlich noch zwei Wochen vorher, das heißt noch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, in ihre Ämter gewählt worden.
1933 wurden in den Fußballvereinen die jüdischen Mitglieder im Zuge eines vorauseilenden Gehorsams und eines des offen zu Tage tretenden Antisemitismus stigmatisiert und aus ihren Funktionen, aus den Vereinen und dem DFB gedrängt. Dadurch stieg die Mitgliederzahl der jüdischen Vereine erheblich an, denn die jüdischen Sportler schlossen sich den bestehenden jüdischen Sportorganisationen an und gründeten neue.
Im JSV, dem Jüdischen Sportverein Offenbach, war Ludwig Löwenstein maßgeblich tätig. 1937 emigrierte er mit seiner Familie nach Belgien. Dort wurde er nach der Besetzung durch deutsche Truppen von der Gestapo verhaftet, konnte jedoch entkommen und traf seine Familie in Paris wieder. Über Havanna gelang die Emigration in die USA.
1959 kam Ludwig Löwenstein laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 12. Juni erstmals aus seiner neuen Heimat New York nach Offenbach zurück:
"Was damals (als er emigrierte) in ihm vorging, darüber schweigt Ludwig Löwenstein. Man weiß nur, daß er dreiundzwanzig Jahre brauchte, um den Entschluß zu fassen, die Stadt, in der er und seine Mutter geboren wurden, wiederzusehen. Er kam voller Skepsis und wußte noch nicht einmal genau, warum. Es gab schon lange niemand mehr in Offenbach, der auf ihn wartete. In Worte fassen ließ sich nur das eine: "Ich möcht' wieder mal die Kickers spielen sehen. Die müssen ja eben ganz groß sein."
Wie viele Emigranten konnte er offensichtlich noch immer nicht über die furchtbaren Erfahrungen der Verfolgung sprechen und wusste auch nicht, was ihn in Deutschland erwartete.
Eine große Reise der Kickersmannschaft ging im Mai 1958 in die USA. Offenkundig begrüßte Ludwig Löwenstein die Mannschaft in New York, vermutlich war er an der Organisation maßgeblich beteiligt. Im Jahr 1959 war er Zuschauer beim Endrundenspiel zur Deutschen Meisterschaft zwischen dem OFC und Westfalia Herne, das im Frankfurter Waldstadion ausgetragen wurde.
"Wenn ich widderkomm, spätestens im nächsten Jahr, möchte ich die Kickers als deutsche Meister vor mir seh'," soll er beim Abschied gesagt haben.
Am 28. Juni 1959 wurde der OFC nur Vizemeister im legendären Endspiel gegen die Frankfurter Eintracht. Mit der Nichtberücksichtigung für die Bundesliga 1963 rückte der Wunsch in weite Ferne.
Ludwig Löwenstein bemühte sich in den Nachkriegsjahren nachdrücklich um Kontakte zu dem "wiedererstandenen deutschen und dem neugegründeten israelischen Staat". Dafür wurde er sowohl in den USA als auch in der Bundesrepublik gewürdigt. 1967, zu seinem 70. Geburtstag, schrieb ihm der damalige Bundesaußenminister Willy Brandt:
"Ich gedenke des wichtigen Beitrags, den Sie nach dem Zweiten Weltkrieg zu dem großen Werk der Aussöhnung geleistet haben. Sie sind stets mit Nachdruck für eine Unterscheidung zwischen dem Nationalsozialismus und dem deutschen Volk eingetreten. Das neue Deutschland hat Ihnen viel zu danken."
1968 starb Ludwig Löwenstein während eines Kuraufenthaltes in Baden-Baden.