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Fritz Kerr

Geboren am 02.04.1892 in Wien, Österreich
Gestorben am 09.10.1974 in Wien
Trainer
Erfolge:
  • Württembergischer Meister

, Quelle: http://www.kickersarchiv.de/uploads/Main/Kerr1.jpgFritz Kerr wird am 2. April 1892 in der Wiener Leopoldstadt geboren.

Er hat jüdische Wurzeln und wächst im Haushalt seiner Großeltern auf. Nach dem Besuch der Handelsschule arbeitet er bis zum Ende der Donaumonarchie als „kaiserlich und königlicher“ Zolldeklarant.

Fritz Kerr, der ursprünglich Fritz Kohn heißt, ist ein leidenschaftlicher und begabter Fußballer.

Er spielt ab 1916 beim Wiener AC und dem jüdischen Verein Hakoah Wien. Noch in der Kaiserzeit läuft er für sein Land bei sieben Länderspielen auf.

Dann folgt ab 1921 eine internationale Trainerkarriere, die ihn über Wien nach Polen und Estland führt, bis er von 1927 bis 1929 erstmalig die Stuttgarter Kickers trainiert.

Mit Erfolg, denn 1928 wird seine Mannschaft württembergischer Meister. Nicht nur sein fußballerisches Wissen ist gefragt. Laut Arbeitsvertrag ist er zugleich Zeugwart und Physiotherapeut.

Aus persönlichen Gründen verlässt er 1929 die Waldau und wird in Argentinien Trainer des Clubs Atlético de San Lorenzo Buenos Aires. 1930 zieht es ihn nach Europa zurück und Fritz Kerr wird Nationaltrainer von Estland, in der Saison darauf Trainer des FC Mulhouse im Elsass. Die Freude ist groß, als der erfahrene Fußballlehrer 1932 wieder zu den Kickers zurückkehrt.

Doch schon bald erlebt er die unerbittliche Ausgrenzung des Nationalsozialismus. Die Kickers unterzeichnen am 9. April 1933 die Stuttgarter Erklärung, die sie verpflichtet, ihre jüdischen und marxistischen Mitglieder auszuschließen. Im nun „judenreinen“ Verein ist für den Trainer kein Platz mehr. Sein Vertrag wird im „gegenseitigen Einvernehmen“ – wie es zynisch lautet – aufgelöst. Im Mai des Jahres wird Fritz Kerr sogar aus Rassegründen verhaftet.

Fritz Kerr gelingt die lebensrettende Flucht. Über seine alte Heimat Wien reist er in die neutrale Schweiz. Dort heuert er für eine Saison beim FC Aarau an, anschließend bei Racing Strasbourg und dem FC Lausanne-Sport. Mit dem Verein vom Genfer See gewinnt er 1939 den nationalen Vereins-Pokalwettbewerb. Fritz Kerr zieht es danach zum FC Aarau zurück, wo er für den Spielbetrieb sämtlicher Mannschaften verantwortlich ist. Und wieder richtet sich das Schicksal gegen ihn. Weil er seit 1938 das „J“ für Jude im Pass trägt, gilt er als staatenlos. Im Dezember 1939 schifft er mit dem Ziel Buenos Aires in Genua ein. Hier leben bereits seine Geschwister. Seinen Lebensunterhalt verdient er jetzt nicht als Trainer, sondern als Filialleiter einer Getreidehandelsfirma in Mar del Plata.

Der Verzicht auf den seit frühester Jugend geliebten Beruf im Fußballgeschäft fällt ihm derart schwer, dass er sich 1951 entschließt, nach Europa zurückzukehren. Die Stuttgarter Kickers nehmen ihn mit offenen Armen auf und so wird Fritz Kerr für die Saison 1951/52 zum dritten Mal der Trainer der Blauen. Im Deutschland der Nachkriegszeit und in Österreich gehört es zum Schicksal des jüdischen Emigranten, dass er im Alter von 60 Jahren alle Trainerdiplome neu erlangen muss.

Nach seiner Zeit bei den Blauen folgen noch weitere Engagements in der Schweiz, Österreich und in Deutschland.

Fritz Kerr stirbt am 9. Oktober 1974 in Wien. Sein Name ist mit dem dunkelsten Kapitel in der Vereinsgeschichte der Stuttgarter Kickers eng verbunden. Seine Verdienste und vor allem sein Schicksal werden nicht vergessen.

Die Geschichte und Biografie zu Fritz Kerr wurde im Rahmen eines Erinnerungsprojektes des Kickers Fanprojektes recherchiert und aufgearbeitet. Über das Projekt "Heimat Kickers - Die Blauen in bewegten Zeiten" konnte man auch Kontakt zu seiner Tochter knüpfen und weitere wertvolle Informationen zu seinem Leben erhalten.

Weitere Informationen zu "Heimat Kickers" findet man unter: https://heimat-kickers.de

Autor: Kickers Fanprojekt

Literaturverweise
Broschüre "Heimat Kickers - Die Blauen in bewegten Zeiten" von Kickers Fanprojekt 1. Auflage 2018
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