Stephan Hirschmann wurde am 10. August 1873 in Nürnberg als Sohn des Bankiers Heinrich Hirschmann und seiner Frau Mina (geb. Rosenbusch) geboren. Er ging 1886 mit acht anderen jüdischen Schülern in die Eingangsklasse des Realgymnasiums (heute: Willstätter-Gymnasium) und war ein begeisterter Fußballer.
Als am 8. Mai 1898 in der Restauration „Zur Peterheide“ der Fußball- Club Nürnberg gegründet wurde, wählten die Anwesenden Stephan Hirschmann zum Zweiten Vorsitzenden. Bemerkenswert war der Paragraph 1 der Satzung: „Jede politische und religiöse Tendenz ist ausgeschlossen.“ Das Verbot der politischen Betätigung entsprach den staatlichen Anordnungen, aber die ausdrückliche Festlegung der konfessionellen Gleichrangigkeit war für damalige Verhältnisse außergewöhnlich. Im Juli 1898 wurde Hirschmann sogar Erster Vorsitzender, aus Mangel an weiteren Fußballinteressierten löste sich der Vorläuferverein des 1. FC Nürnberg jedoch bereits 1899 wieder auf.
Am 10. April 1905 heiratete Hirschmann in Ulm Martha Hellmann. Am 1. Februar 1906 wurde Tochter Liselotte und am 1. April 1910 Tochter Margot geboren. Die vierköpfige Familie wohnte zunächst in der Lindenaststraße 16 und später in der Nr. 37. „Wir waren nicht orthodox, sondern sehr modern und sehr assimiliert“, berichtet Liselotte in einem Interview mit der USC Shoah Foundation am 13. Dezember 1994. „Mein Vater war sehr patriotisch und sagte immer: ‚Ich bin Deutscher jüdischen Glaubens.‘“
Stephan Hirschmann machte beruflich Karriere. Er war Teilhaber und Direktor der Privatbank G. J. Gutmann, Vorstandsmitglied der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in München, Aufsichtsrat der „DEMERAG – Donau-Main-Rhein-Schiffahrts AG“, der „Lederer-Bräu AG“ sowie der „Tafel-, Salin- und Spiegelglasfabriken AG“ in Fürth. Stephan Hirschmann hatte außerdem das Ehrenamt des Königlichen Norwegischen Konsuls inne.
Am 1. August 1926 trat der einstige Erste Vorsitzende des 1898 gegründeten FCN-Vorläufervereins in den 1. FC Nürnberg ein. Er spielte wie seine beiden Töchter Margot und Liselotte Tennis und engagierte sich auch im Turnierausschuss. Am 30. April 1933 entfernte der Club alle drei aus der Mitgliederliste und markierte dies auf ihren Karteikarten mit dem Stempel „30. APR. 1933“. Den letzten Jahresbeitrag in Höhe von 18 Reichsmark hatte Hirschmann für das Jahr 1933 im Voraus entrichtet.
Nachdem am 9. Februar 1933 seine Mutter gestorben war, meldete sich Stephan Hirschmann mit seiner Frau Martha im September 1933 nach Garmisch-Partenkirchen ab, wo er zuvor mehrfach zur Erholung war. Zusammen mit dem bekannten Garmischer Architekten Hanns Ostler ließ er dort ein Haus in der Klarweinstraße 11 errichten. Der Garmischer NSDAP-Bürgermeister Thomma war wenig begeistert, „da sich hier wieder ein Jude ansässig machen“ wollte.
In dem Haus in Garmisch-Partenkirchen wohnte das Ehepaar Hirschmann nur wenige Monate. Angesichts der wachsenden Entrechtung der jüdischen Bürger in Deutschland hatten die beiden inzwischen verheirateten Töchter in der Schweiz bzw. in Palästina Zuflucht gefunden. Sie rieten ihren Eltern eindringlich, Deutschland zu verlassen, solange das noch möglich wäre. „Ich sagte zu meinen Eltern: ‚Wenn ihr Deutschland nicht verlasst, sehen wir uns nie mehr wieder‘“, so Tochter Liselotte.
Am 12. Dezember 1935 reiste das Ehepaar Hirschmann über die Schweiz und Griechenland nach Palästina (damals englisches Protektoratsgebiet) und ließ sich schließlich in Tel Aviv nieder. „Er war kein Zionist“, sagte Liselotte Hirschmann über ihren Vater. Am 25. August 1936 teilte das Bezirksamt Garmisch der Bayerischen Politischen Polizei (SS) mit, dass „die veranlagte Reichsfluchtsteuer […] in völlig einwandfreier Weise sichergestellt“ wäre, das gesamte Vermögen des Ehepaars Hirschmann war eingezogen worden.
Doch auch in Tel Aviv war Stephan Hirschmann nicht sicher. Bei einem Angriff der mit dem Deutschen Reich verbündeten italienischen Luftwaffe auf Tel Aviv wurde er am 9. September 1940 getötet. Der Angriff der mit Hitler-Deutschland als sogenannte „Achsenmächte“ verbündeten Italiener galt Haifa und Tel Aviv im britischen Mandatsgebiet Palästina. Dabei kamen 136 Menschen ums Leben – einer davon war der 67-jährige Stephan Hirschmann.
Zwei Jahre nach seinem Tod starb auch seine Frau Martha an einer schweren Krankheit. Die beiden Brüder von Stephan Hirschmann fanden in der Schoah den Tod: Sein älterer Bruder Eugen wurde am 10. September 1942 von Fürth nach Theresienstadt deportiert, wo er am 2. November 1942 ermordet wurde. Sein jüngerer Bruder – der Facharzt für Frauenkrankheiten
Dr. Moritz Hirschmann – wurde am 9. Dezember 1942 im Untersuchungsgefängnis Nürnberg unter ungeklärten Umständen tot aufgefunden.
Die beiden Töchter von Stephan Hirschmann, Liselotte Myller (Müller) und Margot Bloch (Bendit), überlebten die Schoah in den USA.