Hans Strauß wurde am 29. Oktober 1901 geboren. Er war das älteste von vier Kindern der jüdischen Geschäftsleute Simon Strauß (1868-1938) und Anna Strauß (geb. Meier, 1870-1936), die in der Schusterstraß in Freiburg das Modegeschäft ‚Matthias Meier‘ unterhielten. Die Firma bestand seit 1877 und war von dem aus dem bayerischen Adelsberg stammenden Simon Strauß durch seine Heirat mit Anna Meier übernommen worden.
Der Sohn Hans Strauß, von Beruf Kaufmann und Versicherungsinspektor, war seit 1925 mit Klara Josefine Weber verheiratet; mit ihr zusammen hatte er einen Sohn Werner, der am 6. März 1926 geboren wurde.
Klara (Cläre) Strauß verstarb jedoch schon am 13.9.1928 in sehr jungem Alter von nur 25 Jahren.
Bei dem im Jahr 1912 aus einer Fusion zweier Vorgängervereine entstandenen Sport-Club Freiburg fungierte Hans Strauß in den 1920er Jahren zunächst als „Mannschaftsleiter“. Strauß betreute 1927/28 die B2-Jugendmannschaft und 1928/29 die A2-Jugendmannschaft. Es ist nicht bekannt, ob er schon zuvor, etwa als Spieler, im Verein aktiv war. Spätestens seit September 1928 war Strauß zudem als Stellvertretender Jugendleiter im Verein tätig. Bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Vereinsjubiläum im Jahr 1929 taucht Strauß als Mitglied im Festausschuss auf. Ein Bild zeigt ihn zudem als Mitglied der erweiterten, aus 19 Mitgliedern bestehenden Vorstandschaft des SC in diesem Jahr. Als Verantwortlicher in der SC-Jugendarbeit hatte Strauß zu diesem Zeitpunkt 7 Jugendmannschaften mit zu betreuen. Laut Auskunft der Vereinszeitschrift „SC-Rundschau“ lernte man Strauß in diesen Jahren im Verein als „unermüdlichen Helfer“ kennen.
Die Vereinszeitung meldete jedoch schon im Mai 1930, dass Hans Strauß von seinem Amt als Stellvertretender Jugendleiter zurück getreten sei. Als Begründung wurde im Vereinsorgan angegeben, Strauß habe diese Entscheidung „infolge geschäftlicher Überlastung“ getroffen.
Doch im Jahr darauf wurde Strauß erneut aktiv im Verein. In der Generalversammlung des Jahres 1931 wurde er nun sogar zum Jugendleiter gewählt. In kürzester Zeit gelang es ihm daraufhin, im Verein eine weitere, dritte A-Jugend-Mannschaft und zudem eine neue C-Jugend-Mannschaft zusammen zu stellen. Strauß meldete sich vereinsintern immer wieder auch kritisch zu Wort, bemängelte die mangelnde Unterstützung der Vereinsjugend seitens der älteren Vereinsmitglieder und äußerte den Wunsch nach mehr engagierten Mannschaftsbetreuern. Auch sonst scheint Strauß rege in das Vereinsleben integriert gewesen zu sein, so etwa als Leiter einer Wandergruppe. Seinen Posten als Jugendleiter übte Strauß erneut nur ein weiteres Jahr aus. Im Frühjahr 1932 sah er sich erneut dazu gezwungen, sein Amt „aus beruflichen Gründen abzugeben.“
Möglicherweise lässt sich diese fehlende Kontinuität im Wirken von Hans Strauß auf die sehr schwierige Lage, in der sich die Gesamtfamilie Strauß in dieser Zeit befand, zurück führen. Wie amtliche Steuerakten belegen, befand sich die Modehandlung ‚Matthias Meier‘ spätestens Anfang der 1930er Jahre in erheblichen ökonomischen Schwierigkeiten.
Hans Strauß selbst, der seinen Eltern in Finanz- und Steuerangelegenheiten half, war offenbar seit Ende Juni 1930 ohne eigene feste Arbeitsstelle und ohne Einkommen. Somit musste Geschäftsinhaber Simon Strauß nach dem frühen Tod seiner Schwiegertochter in finanzieller Hinsicht auch für das Enkelkind Werner sorgen. Hinzu kam der Unterhalt für die Tochter Mathilde sowie für deren Kind Marianne.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten spitzte sich die schwierige finanzielle Lage weiter zu. 1933 und 1934 hatte das Geschäfts so gut wie kein Einkommen mehr zu verzeichnen. Im März 1935 musste Inhaber Simon Strauß schließlich auf Drängen von Gläubigern den Offenbarungseid leisten.
Wie die Historikerin Kathrin Clausing 2005 dokumentiert hat, wurde die Familie Strauß im Frühjahr 1933 zudem das Ziel einer gehässigen antisemitischen Hetzkampagne seitens der örtlichen Nationalsozialisten. Im regionalen NS-Organ „Der Alemanne“ wurden Simon Strauß, seine Tochter Mathilde und die Söhne Fritz, Ernst und Hans mehrfach massiv beschimpft. Im Anschluss an eine Reihe von Verleumdungen wurde voller Spott eingefordert, „daß die Straußenfamilie sich recht bald nach einem von Deutschland weit entfernten neuen Wirkungskreis“ umsehen solle. Es ist davon auszugehen, dass die Geschäftseinbußen und die damit verbundenen gravierenden finanziellen Probleme der Familie Strauß in direkter Weise auf diese gezielte Kampagne zurückzuführen sind. Anfang Juni 1933 wurde Hans Strauß direkt von den Nationalsozialisten angegangen. Strauß wurde als „freche[r] Judenschlingel“ beschimpft: er habe angeblich seine Miete für seine Unterkunft nicht bezahlt und sei, so die NS-Presse, ein „echte[r] Sohn der betrügerischsten Rasse dieser Erde.“
Es lässt sich nicht belegen, ist aber zu vermuten, dass Hans Strauß zu diesem Zeitpunkt - im Juni 1933 – schon nicht mehr Mitglied beim SC Freiburg war. Noch bis März 1933 hatte er als passives Mitglied der Vereinsgemeinschaft angehört.
Strauß litt offenbar an einer schweren Lungenkrankheit. Anfang 1933 befand er sich zur Behandlung im Krankenhaus, von wo aus er seinen Vereinsfreunden in der Vereinszeitschrift „beste Grüße“ ausrichten ließ. Die Redaktion der Vereinszeitschrift antwortete „mit dem Wunsche baldiger Genesung“ auf seine Zuschrift. Wenige Wochen später meldete die „SC-Rundschau“ in ihrer Ausgabe vom März 1933, Strauß sei auf dem Wege der Besserung und befinde sich im „Sanatorium Schömberg bei Wildbad“. Zu diesem Zeitpunkt scheint Hans Strauß also durchaus noch ein anerkanntes passives Mitglied im Verein gewesen zu sein, um dessen gesundheitliches Wohlergehen man sich sorgte.
Doch mit den Neuwahlen im Rahmen der Generalversammlung am 27. Mai 1933 wurde die Vereinsleitung des SC Freiburg gleichgeschaltet. Mit dem NSDA-Stadtrat Ludwig Sieder übernahm nun ein bekennender Nationalsozialist den Vereinsvorsitz.
Zwar ist kaum vorstellbar, dass der Jude Hans Strauß danach noch im Verein geduldet wurde. In Ermangelung aussagekräftiger Quellen kann allerdings derzeit keine Aussage darüber getroffen werden, wie sich der SC Freiburg zu seinem früheren Jugendleiter (und möglicherweise zu weiteren jüdischen Mitgliedern) positioniert hat. Bekannt ist, dass der massenhafte Ausschluss jüdischer Mitglieder aus deutschen Fußballvereinen im Verlauf des Jahres 1933 sehr unterschiedlich verlief. Die einzelnen Vereine wählten dabei verschiedenste Strategien, wobei eine generelle Anordnung seitens des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht bekannt ist.
Sein problematischer Gesundheitszustand, die schwierigen ökonomischen Verhältnisse seiner Familie und die Angriffe durch die Nationalsozialisten dürften die Lebensumstände für Hans Strauß nach seinem Rückzug als Jugendleiter beim SC Freiburg sehr beschwerlich gemacht haben.
Vor allem konnte er sich nicht mehr von seiner schweren Krankheit erholen: Hans Strauß verstarb am 18. April 1935 im Alter von erst 33 Jahren. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Freiburg beerdigt, wo sich noch heute seine Grabstätte befindet.