Walter Vollweiler
- Berufung in den Auswahlkader der deutschen Nationalelf 1933
Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verhinderte, dass Walter Vollweiler 1933 nach Gottfried Fuchs und Julius Hirsch als dritter Fußballspieler jüdischen Glaubens in die deutsche Fußball-Nationalmannschaft berufen wurde. Im März 1933 war er von Reichstrainer Otto Nerz zu einem Lehrgang für das Nationalteam eingeladen worden, doch bevor der Mittelstürmer das erste Mal für sein Land das Nationaltrikot anziehen konnte, wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft aus seinem Verein und anschließend außer Landes gedrängt.
Vollweiler hatte bereits seit seinem zwölften Lebensjahr für den Ulmer FV von 1894 gespielt, einem Vorläuferklub des SSV Ulm. Mit 17 Jahren schoss er Ulm dank 75 (!) Saisontoren zum Aufstieg in die Bezirksliga, der damals höchsten Spielklasse. „Volle“, wie ihn seine Fans nannten, war der Star der Ulmer Mannschaft und wurde von der Sportpresse gefeiert: „Mit allen Begabungen ausgestattet, erinnert er in der Ballbehandlung an wendige und ideenreiche Internationale, dabei ist sein Spiel von großer Wucht und Durchschlagskraft“.
1932 wurde er erstmals in die süddeutsche Auswahlmannschaft berufen, mit der Einladung zur Nationalelf schien die Karriere von Walter Vollweiler auf ihren Höhepunkt zuzusteuern. Doch genau in diesem Moment setzte auch im Ulmer FV die antisemitische Hetze gegen Andersgläubige ein. Vollweiler und andere jüdische Mitglieder, unter ihnen die Hochspringerin Gretel Bergmann, die trotz absoluter Spitzenleistungen von den Nazis um ihre Teilnahme bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin gebracht wurde, erhielten im April „blaue Briefe“ von der Vereinsleitung, dass sie ab sofort nicht mehr im Verein erwünscht seien. So bestritt Vollweiler am 9. April das 115. und letzte Spiel für den Klub und floh nur wenige Wochen später nach Frankreich. Hier spielte er u.a. für den Erstligisten AS Rennes, für den er in 49 Spielen 44 Treffer erzielte.
Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs flüchtete Vollweiler mit seiner gesamten Familie weiter in die USA. Im New World Club, einem Team deutschjüdischer Einwanderer in New York, beendete er seine Karriere. Später eröffnete er in Miami eine optische Werkstatt und ein Brillenfachgeschäft.
Im Jahr 1988 wurde Vollweiler von der Stadt Ulm zu einem Besuch in seine Heimatstadt eingeladen. Beim traditionellen Schwörmontagsspiel, einem der Höhepunkte des Ulmer Sportlebens, durfte das einstige Idol des Ulmer Fußballs den Anstoß ausführen. Vollweiler bedankte sich in breitestem schwäbischem Dialekt für diese Ehre und stiftete einen Pokal für „Verständnis und Toleranz“, der an jährlich vergeben wird. Walter Vollweiler verstarb Anfang der 90er Jahre in den USA.