Auf Ballhöhe: Urs Meier liest im Fußballmuseum

Eine Fehlentscheidung bei der Qualifikation zur EM 2004 brachte Urs Meier die Ungnade rumänischer Fans. Ein nicht anerkanntes Tor der Engländer im EM-Viertelfinale 2004 zog Polizeischutz nach sich und Michael Ballack zeigte er eine folgenschwere Gelbe Karte. Die Erinnerungen an diese und andere Ereignisse gab der der ehemalige FIFA-Schiedsrichter aus der Schweiz am Montagabend im Deutschen Fußballmuseum preis.|13.04.2016

Der inzwischen 57-jährige, der im Jahr 2005 seine Karriere nach insgesamt 883 Profispielen beendete hatte, stellte im Rahmen einer Lesung in Zusammenarbeit mit dem Delius Klasing Verlag seine Biografie „Urs Meier – Mein Leben auf Ballhöhe“ vor und gewährte dabei spannende Einblicke in die Welt des Fußballs und in die Seele des manchmal einsamsten Mannes auf dem Platz.

#bild#Meier verriet, dass der Titel seiner Biographie für ihn aus zwei Gründen eine besondere Bedeutung hat. Zum einen drücke er aus, dass er bisher ein sehr privilegiertes Leben geführt habe. „Ich war nie unten oder alleine. Die ganze Zeit hatte ich den Eindruck, dass ich am Puls der Zeit bin.“ Darüber hinaus komme durch den Titel auch sein Selbstverständnis als Schiedsrichter zum Ausdruck. „Ich wollte den Spielern immer auf Augenhöhe begegnen. Nie über ihnen stehen, aber auch nie drunter.“

Für ihn mache einen guten Schiedsrichter vor allem Persönlichkeit aus. Man müsse als „Respektsperson“ wahrgenommen werden. „Starke Schiedsrichter wie der Italiener Pierluigi Collina oder der Engländer Howard Webb haben sich auch ohne Gelbe oder Rote Karten Respekt verschafft. Heute brauchen die Referees Freistoßsprays“, fügt Meier augenzwinkernd an.

Neben den launigen Momenten wird Urs Meier immer wieder auch ernst. Das Thema „Profi-Schiedsrichter“ ist ihm wichtig, dessen Einführung er seit langem fordert. „Dieses Ziel hatte Joseph Blatter bereits Ende der 70er Jahre formuliert, als er noch Technischer Direktor bei der FIFA war.“ Doch bis auf weitere Lippenbekenntnisse sei seitdem nicht viel passiert. „Wahrscheinlich müssen wir darauf noch zehn Jahre warten. Manchmal braucht es einfach eine neue Generation, damit sich Dinge verändern.“

Positiv steht der 57-Jährige dem Videobeweis gegenüber. „Ich begrüße es sehr, dass in Deutschland, bei einer der führenden Fußballnationen, dieses technische Hilfsmittel in der neuen Saison getestet wird.“ Wobei für ihn die Technik nur bei „Schwarz-Weiß-Entscheidungen“ wie Tor oder Nicht-Tor zum Einsatz kommen solle, bei strittigen Entscheidungen wie die Ahndung eines Foulspiels durch Gelbe oder Rote Karten solle davon abgesehen werden. Ebenfalls sehr wichtig: Der Impuls müsse dabei vom Schiedsrichter ausgehen. „Wenn er sich unsicher ist, sollte der Videobeweis zum Einsatz kommen. Wenn die Trainer wie beim Tennis Challenge-Möglichkeiten hätten, könnten sie damit beispielsweise in der Schlussphase einer Partie ständig unterbrechen und damit den Spielfluss unterbinden. Das würde die Lebendigkeit des Fußballspiels zerstören.“

Natürlich war auch die Gelbe Karte für Michael Ballack im WM-Halbfinale 2002 ein Thema, die er im Übrigen für die Ausstellung des Deutschen Fußballmuseums zur Verfügung gestellt hat. Der deutsche WM-Star hatte im Spiel gegen Südkorea einen gefährlichen Konter des Gegners durch ein taktischen Foul unterbunden. Urs Meier zeigte ihm die Gelbe Karte, Ballack war für das WM-Finale gesperrt. „Michael hat sich damals für sein Team geopfert. Anschließend hat er sich sehr fair verhalten und stets betont, dass die Karte korrekt war“, so Meier, der den ehemaligen Weltklassespieler zuletzt bei der Verleihung des Ballon d'Or 2014 getroffen hat. „Als er sich mich erblickte, zeigte er auf mich und sagte: ‚Böser Mann‘! Dabei hat er gelacht.“

#bild#Urs Meier hat viele unterhaltsame aber auch nachdenkliche Anekdoten zu erzählen. So verrät er in seinem Buch unter anderem, warum er vor seinem ersten WM-Spiel 1998 zwischen der USA und dem Iran geweint hat, wie in einem Burgerladen die Freundschaft mit Jürgen Klopp entstanden ist und was seine größte Fehlentscheidung als Schiedsrichter war, die fast dazu geführt hätte, dass er die Pfeife aus dem Mund nahm.

Zum Abschluss des Abends war noch seine Meinung als TV-Experte gefragt, wer denn im Sommer die Europameisterschaft gewinnen würde. „Wenn Deutschland an der Schweiz vorbeikommt, ist der Titelgewinn möglich“, so Meier in seiner unnachahmlichen Art.

Das Deutsche Fußballmuseum hat mit dem Kulturprogramm ANSTOSS ein eigenes Veranstaltungsformat ins Leben gerufen. Im Rahmen von Filmabenden, Gesprächsrunden, Lesungen und Vortragsreihen werden Themen aus der Dauerausstellung weiter vertieft sowie die kulturellen Dimensionen des Fußballs noch stärker in den Fokus gerückt.

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